Eine besondere Lage bedingt eine besondere Geschichte:
Der Spreewald ist mit seinen zahllosen Wasserläufen und Sümpfen ein natürliches Hindernis auf dem Weg zwischen Mittel- und Ostdeutschland. In der Mitte ist der Spreewald sanduhrförmig eingeengt. Diese natürliche Passagestelle wurde bereits im Mittelalter von der Burg Lübben gesichert. Denn hier befand sich auf ca. 90 km Flusslänge zwischen Cottbus und Beeskow der einzige Spreeübergang.
Gedenkstein im Heiligen Hain der heidnischen Liebesgöttin vor den Toren Lübbens (heute eingemeindet als "Großer Hain").
In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich der Frauenberg. Der Frauenberg ist eine der wenigen natürlichen Erhebungen im Spreewald. Er wurde mit Sicherheit bereits in vorchristlicher Zeit als kultischer Ort genutzt.
13. Jahrhundert - Marien-Wallfahrtsort Frauenberg
Die Anfangszeit der St.Marien-Wallfahrtskapelle auf dem Frauenberg verliert sich im Dunkel der Geschichte.
Überliefert ist, dass sich hier eine Marienerscheinung ereignet haben soll. Auf diese Marienerscheinung bezieht sich die spätere königliche Gründungsurkunde des Klosters Frauenberg von 1497. Weiterhin überliefert der mittelalterliche Chronist Johann Lindner, genannt der pirnaische Mönch (aus dem Pirnaer Dominikanerkloster): "Awsserhalb der Stadt erstund zu unser liben Frawen auf dem Berge große Wallfahrt."
Damit sich die Marien-Kapelle auf dem Frauenberg wirtschaftlich allein tragen kann, ist sie mit mehreren Dörfern entlang der alten Heerstraße Frankfurt/Main - Leipzig - Frankfurt/Oder - Deutschordensstaat Preußen belehnt. Die Herrschaft Frauenberg beinhaltet insbesondere Grundbesitz und Jagdrecht, Abgaben- und Dienstverpflichtung der Untertanen, Polizeigewalt sowie die niedere Gerichtsbarkeit (1. Instanz).
Vermutlich ist die damals berühmte Marien-Wallfahrtskapelle Frauenberg im Rahmen der Kreuzzüge und deutschen Ostexpansion im 13. Jahrhundert entstanden. Denn entlang der alten Heerstraße ins Deutschordensland Preußen kommen hier Kreuzritter und Kreuzzügler bis zu ganzen Kreuzfahrerheeren aus Mittel- und Westeuropa vorbei. Das Pilgern mit dem Schwert ist damals eine aktive Form des Gottesdienstes. Es geht gegen die Heiden im Baltikum, die letzten Heiden Europas.
Die sogenannten Preußenfahrten gegen die Heiden im Baltikum sind neben wichtigen Turnieren ein festes jährliches Ereignis im Terminkalender der europäischen Ritterschaft. Hier geht es um Ehre, päpstliche Heilsversprechungen und umfassende Sündenvergebung. Der Deutsche Orden veranstaltet zwischen 1305 und 1409 über 300 Kreuzzüge gegen die baltischen Heiden.
Ungefähr zur selben Zeit sind entlang dieser Heerstraße auch die St. Georg-Kapelle in Luckau (St. Georg - Schutzheiliger der Ritter) sowie das von den Tempelrittern vor Beeskow gegründete Hospital entstanden. In Beeskow wird damals nicht ohne Grund die heute zweitgrößte Backsteinkirche Brandenburgs errichtet. Diese ist ebenfalls wie die Wallfahrtskapelle auf dem Frauenberg der Jungfrau Maria geweiht. Der Deutsche Orden (vollständiger Name: Orden der Brüder vom Deutschen Haus St. Marien), dem die Heerstraße dient, ist ebenfalls der heiligen Jungfrau Maria geweiht und steht unter deren besonderem Schutz.
Tannhäuser als Deutschordensritter (Miniatur aus dem Codex Manesse)
Bestimmt ist auch er einmal am Marien-Heiligtum Frauenberg vorbeigekommen.
14. Jahrhundert - wechselnde Landesherren Brandenburg, Bayern, Böhmen
Zunächst gehört Frauenberg noch zur Mark Brandenburg unter den Askaniern, die auf Albrecht den Bären zurückgehen.
Mit dem Tod des letzten Askaniers im Jahre 1320 erben die bayerischen Wittelsbacher die Mark Brandenburg. Kaiser Ludwig der Bayer gibt 1324 die Mark seinem Sohn Ludwig dem Älteren.
Als dieser durch Heirat das Land Tirol erhält, vermacht er die Mark Brandenburg seinem Bruder Ludwig dem Jüngeren. Dieser tritt die Mark 1365 an den dritten Bruder, Otto den Faulen (1341-1379), ab.
Otto V. "der Faule" (Kupferstich von 1379, aus Johann Georgi, 1642)
Der Wittelsbacher Otto "der Faule" ist ab 1365 Markgraf und Kurfürst von Brandenburg. Er vernachlässigt jedoch seine Regierungsgeschäfte und zieht Vergnügungen vor.
Gleich nach seinem Antritt verkauft Otto der Faule die Lausitz an Böhmen (unter Herrschaft der Luxemburger). Seitdem gehört die Lausitz zu den böhmischen Nebenländern.
Am 15. August 1373 verkauft Otto der Faule in Fürstenwalde auch die restliche Mark Brandenburg für 500.000 Goldgulden an Kaiser Karl IV., König von Böhmen, für dessen Sohn Wenzel (Luxemburger).
Zum Königreich Böhmen gehören jetzt neben Böhmen, Mähren und Schlesien auch die Lausitz, Brandenburg und die Oberpfalz.
1431 - Frauenberg wird von Hussiten zerstört
Nachdem der 4. Kreuzzug gegen die zu Ketzern erklärten böhmischen Hussiten gescheitert ist (Hussitenkriege 1419-1436), entschließt sich Kaiser Sigismund zu Verhandlungen. Die Hussiten wollen zunächst einmal die richtigen Gesprächsgrundlagen schaffen, bevor sie sich beim Konzil zu Basel an den Verhandlungstisch setzen. So fällt 1431 ein ca. 8000 Mann starkes Hussitenheer von Böhmen aus in Brandenburg ein. Der Kurfürst von Brandenburg, der bei den Verhandlungen in Basel federführend beteiligt ist, soll damit eingeschüchtert werden.
Wie ein Heuschreckenschwarm zieht das Hussitenheer mordend und brennend elbabwärts bis Torgau. Bei der Bevölkerung verbreiten sie Angst und Schrecken. Denn der Sadismus der Hussiten ist selbst für das Mittelalter bemerkenswert. So sollen sie ihre Gefangenen in gepechten Fässern gebraten haben.
Von Torgau ziehen die Hussiten weiter auf der Heerstraße über Frauenberg bis Frankfurt/Oder. Frankfurt/Oder hält aber stand. Hier können die Hussiten nur die Vorstadt und das Kartäuserkloster vernichten. Das weiterziehende Hussitenheer wird von den Frankfurter Bürgern verfolgt. Bei Müllrose greifen die Frankfurter die Nachhut der Hussiten an. Das leicht angeschlagene Hussitenheer "arbeitet" sich dann über Altlandsberg bis Bernau weiter. Auch die Bernauer verteidigen ihre Stadt. Ungünstigerweise ist gerade der Stadtgraben trockengelegt. Während sich die Hussiten mit Sturmleitern an der Stadtmauer zu schaffen machen, wagen die Bernauer Bürger einen Ausfall durch das Stadttor und erbeuten die Wagenburg der Hussiten mit dem Gepäck und große Mengen Waffen. Das Hussitenheer muss nach diesem herben Verlust schnell die Heimreise antreten. Über Fürstenwalde geht es "mit leichtem Gepäck" zurück nach Böhmen.
Insgesamt haben die Hussiten auf dieser Exkursion ca. 100 Städte und Burgen, 1500 Dörfer und über 500 Kirchen und Klöster zerstört, darunter auch den berühmte Marien-Wallfahrtsort Frauenberg.
Über das Schicksal des Frauenbergs berichtet der pirnaische Mönch Johann Lindner: "Und 1431 ist es geplundirt und vertirbet von Hussiter keczien."
Gefecht zwischen Hussiten und Kreuzfahrern
(zeitgenössische Darstellung)
Dank ansehnlicher privater Spenden erholt sich der Marien-Wallfahrtsort Frauenberg nicht nur schnell von seiner Zerstörung,
sondern gelangt sogar zu neuer, ungeahnter Blüte.
Friedrich II. "Eisenzahn" Kurfürst von Brandenburg wird vor Lübben am 18. Oktober 1448 von den Niederlausitzer Standesherren gehuldigt.
(Wandgemälde im Huldigungssaal der Niederlausitzer Stände im Schloss Lübben)
Man nennt Friedrich wegen der willensstarken Umsetzung seiner Pläne "Eisenzahn" oder "mit den eisernen Zähnen". Er ordnet in 30jähriger Regentschaft die jahrelang herrenlose Mark Brandenburg gegen den zähen Widerstand der inzwischen selbstherrlich gewordenen Stände (Adel und Städte). Diese Stände sind im wesentlichen Widerstände. Sie vertreten jeweils nur ihre eigenen Interessen, ohne die Wohlfahrt des ganzen Landes zu sehen. "Eisenzahn" überwindet Raubrittertum, selbst verliehene "Sonderrechte" und allgemeine Rechtlosigkeit in der Mark.
In Begleitung des Kurfürsten von Brandenburg befindet sich der Hochmeister des Deutschen Ordens, Konrad von Ellrichshausen (um 1390 - 1449). Die beiden werden auch dem benachbarten Marien-Heiligtum auf dem Frauenberg mit Sicherheit einen Besuch abgestattet haben.
Der Kurfürst hält die ehemals brandenburgische, jetzt dem deutschen Königreich Böhmen gehörende Niederlausitz mehrere Jahre besetzt, um sich für die von den böhmischen Hussiten angerichteten Zerstörungen schadlos zu halten.
Böhmen ist damals ein deutsches Land unter Herrschaft der Luxemburger. Der König von Böhmen ist einer der 7 Kurfürsten (Erzschenk des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation), die lt. Goldener Bulle von 1356 den Deutschen Kaiser wählen.
Die Könige von Böhmen sind bei den Kreuzzügen als Heerführer gegen die Heiden im Baltikum besonders engagiert. Die ostpreußische Hauptstadt Königsberg wird zu Ehren des Königs von Böhmen benannt.
1473 - Frauenberg wird vom Kurfürsten von Brandenburg beschenkt
Albrecht III. Achilles Kurfürst von Brandenburg (1414-1486) und seine 2. Gemahlin Anna von Sachsen, die eine Tochter des sächsischen Kurfürsten Friedrich II. des Sanftmütigen ist, stiften dem Hochaltar der Wallfahrtskapelle Frauenberg einen kostbaren Kelch. Die Schenkung ist umso bemerkenswerter, als der Frauenberg seinerzeit nicht zum Territorium des Kurfürsten von Brandenburg gehört.
Dieser wertvolle Kelch soll "alleyne czu lobe und czu eren Unßer Lieben Frawen uff dem Berge czu dem hogen altare czusthen unnd czubehoren und ewiclich dobey bleiben".
Albrecht III. Achilles Kurfürst von Brandenburg (1414-1486)
Stammvater des Königlich Preußischen Hauses
(originaler Kupferstich von Johann Carl Bock nach einer Zeichnung von Christoph Friedrich v. Schaddel)
Albrecht Achilles ist der 3. Sohn von Friedrich I. von Zollern, dem seit 1415 ersten Kurfürsten von Brandenburg aus dem Hause Hohenzollern. Albrecht Achilles zählt zu den
bedeutenden Fürsten seiner Zeit, da er sowohl auf diplomatischem Parkett als auch auf dem Schlachtfeld erfolgreich ist.
Albrecht herrscht zunächst in seinem fränkischen Fürstentum Ansbach. Als tüchtiger Regent hat er hier die Einkünfte gut geordnet und bedeutend gehoben. Doch ist er mit seinen Fähigkeiten in seinem Ländchen nicht ausgelastet.
Von Jugend an im Waffenhandwerk geübt sind Turnier und Schlacht sein Ausgleichssport und Lieblingsbeschäftigung. Auf dem Turnier zu Augsburg hebt er nacheinander 17 Ritter aus dem Sattel.
Albrecht liebt die Gefahr und führt als leidenschaftlicher Krieger im Dienste des Reiches viele Schlachten in Schlesien, Preußen, Sachsen, Böhmen, Ungarn und Österreich. In festem Gottvertrauen gelingt es Albrecht, alle Gefahren (die er stets auch sucht) zu überwinden.
Nicht ohne Grund bekommt er von Papst Pius II. den Beinamen "Achilles" verliehen.
In Gotts Gestalt
Hab ichs gestalt,
Er hats gefügt,
Daß mirs genügt.
(Wahlspruch von Albrecht Achilles Kurfürst von Brandenburg)
Nachdem "Eisenzahn" im Krieg gegen Pommern nicht den nötigen Erfolg hat, beschließt er, seinen jüngeren Bruder Albrecht aus Franken zu holen und ihm sein Land anzuvertrauen. "Eisenzahn" dankt 1470 freiwillig ab und
Albrecht wird Kurfürst von Brandenburg.
Albrecht gelingt es nach seiner Machtübernahme,
den jahrelangen Krieg mit Pommern im Jahre 1472 siegreich zu beenden. Er legt 1473, im Jahr der Schenkung an den Frauenberg, im Hausbuch der Hohenzollern die Unteilbarkeit der Mark Brandenburg fest.
1475 - Streit um die Einnahmen der Marienkapelle Frauenberg
Im Jahre 1475 kommt es zwischen weltlichen und geistlichen Herren zu einem heftigen und langwierigen Streit um die Verteilung der zahlreichen Spenden für die Wallfahrtskapelle Frauenberg.
Ansprüche erheben der Landvogt der Niederlausitz (Jaroslaw v. Sternberg) als königlicher Statthalter, der Archidiakon der Lausitz (Dr. Fabian Hancko) sowie der Bischof von Meißen (Dietrich III. v. Schönberg).
Der Streit eskaliert, nachdem sich die geistlichen Herren unter Umgehung des Landvogts einen königlichen Verteilungsbefehl beim Landesherrn Matthias I. Corvinius zu ihren Gunsten erschlichen haben.
Silber-Denar aus der Zeit von König Matthias I. Corvinus (1443-1490)
König von Ungarn, König von Böhmen und König von Dalmatien, Großherzog von Schlesien, Markgraf von Mähren und der Niederlausitz
Hl. Jungfrau Maria mit dem Jesuskind
Umschrift: "PATRONA UNGARIE"
obere Hälfte: geteiltes Wappen des Königreichs Ungarn bestehend aus 4 roten und 4 silbernen Querstreifen als Wappen für Altungarn und dem Doppelkreuz (Patriarchenkreuz) auf grünem Dreiberg (3 Gebirge: Tátra und Fátra in der heutigen Slowakei und Mátra im heutigen Nordungarn) für Neuungarn;
links unten: 3 gekrönte dalmatinische Leopardenköpfe als Wappen des Königreichs Dalmatien;
rechts unten: der zweischwänzige böhmische Löwe mit Krone als Wappen des Königreichs Böhmen;
im Herzschild (teilweise die anderen Wappen verdeckend): Rabe mit goldenem Ring im Schnabel als Wappen der siebenbürgischen Adelsfamilie Hunyadi
Umschrift: "MATHIE R(ex) UNGARIE"
16. Februar 1475 - Königlicher Befehl zur Verteilung der Einnahmen des Frauenberges
Der Bischof von Meißen im Bunde mit dem Archidiakon der Lausitz passen den gerade in Breslau weilenden König ab. Unter Vermittlung des damals einflussreichen Breslauer Bischofs Rudolf v. Lavant legen sie dem König ohne Wissen des Landvogts eine ihnen genehme Verteilungsregel der Spenden vor. König Matthias Corvinius, offenbar mit dringenderen Fragen beschäftigt, unterzeichnet.
Die Einkünfteverteilung bezüglich des Frauenbergs erfolgt so: Alle Opfergaben wie etwa Brot und Wein, Stoffe oder Geld, die während einer vom Archidiakon (der gleichzeitig Lübbener Pfarrer ist) bzw. seinen Vertretern zelebrierten Messe auf dem Frauenberg dargebracht werden, stehen dem Archidiakon zu. Für alle anderen Opfergaben in Form von Gold, Silber, Geld oder Wachs ist künftig eine Dreiteilung vorgesehen - ein Drittel für den Bischof von Meißen, ein Drittel für den Archidiakon der Lausitz und ein Drittel für den Landvogt der Niederlausitz. Dabei hat der Landvogt mit seinem Drittel alle Unterhaltungskosten für die Marien-Wallfahrtskapelle Frauenberg zu tragen. Und Bischof und Archidiakon kassieren noch extra Gebühren, wenn sie auf dem Frauenberg eine Messe halten.
Gelder und weitere Geschenke der Spender, die eigentlich dem Frauenberg gelten, versickern zu 2/3 woanders.
Matthias I. Corvinus, eigentlich Hunyadi (1443-1490)
König von Ungarn und Böhmen, Großherzog von Schlesien
(Statue auf dem Heldenplatz in Budapest)
Dieser energische, für Europa im Kampf gegen die Türken so wichtige König erwähnt die Wallfahrtskapelle Frauenberg in einer offiziellen Urkunde vom 16.2.1475.
Aber er hat bestimmt andere Sorgen als das ewige Gezänk um den Frauenberg.
Im selben Jahr entlässt Matthias I. seinen transsilvanischen Vasallen Graf Dracula aus langjähriger Kerkerhaft.
Matthias Hunyadi, nach seinem Familienwappen "Corvinus" (der Rabe) genannt, wird 14jährig vom ungarischen Reichstag zum König gewählt. Durch Aufruf des Papstes zieht Matthias 1468 gegen Böhmen, das nach den Hussitenkriegen noch immer nicht stabilisiert ist.
1469 erfolgt seine Wahl zum König von Böhmen.
Außerdem erobert er Mähren, Schlesien, die Steiermark und Niederösterreich. Das 1485 von ihm eroberte Wien macht Matthias zu seiner Residenz. Sein Reich erstreckt sich vom Spreewald und Schlesien bis in die Karpaten und an die Adria.
Sein Leben ist aber vor allem vom Kampf gegen die in Europa einfallenden Türken geprägt. Einer seiner Statthalter und Gefolgsleute im Türkenkrieg ist der heute als Romangestalt "Dracula" bekannte transsilvanische Graf
Vlad III. Draculae (Sohn des Drachen). Dieser wird heute in Rumänien als Befreier der Wallachei gefeiert.
Draculas Vater Dracul (der Drache) war von den Türken ermordet, er selbst als Kind an den Sultanhof verschleppt worden. Die alltäglich erlebte
Herrscherwillkür und Grausamkeit beim Sultan muss ihn derart geprägt haben, dass er später selbst für seine Grausamkeiten als "der Pfähler" bekannt wird. Erst als junger Mann wird Dracula
freigekauft. In seine Heimat zurückgekehrt führt er einen erbarmungslosen, aber erfolgreichen Guerillakrieg gegen die osmanischen Besatzer. Draculas Burg wird 1462 von den Türken erobert. Dracula gelingt die Flucht und er kann sich bis zu seinem König Matthias nach Ungarn durchschlagen. Dieser wittert jedoch Feigheit und Verrat und wirft Dracula 1462-1475 in den Kerker. Erst Corvinus´ Schwester Ilona,
die sich in den Gefangenen verliebt haben soll, sorgt für Draculas Freilassung und teilweise Rehabilitierung. Dies erfolgt im selben Jahr wie Matthias´ königliche Urkunde zum Frauenberg.
Matthias I. Corvinus besiegt später die Türken in den Bergen des Balkans und drängt sie bis Sofia zurück. Sein Reich erstreckt sich jetzt von der Lausitz bis zur Adria und zum Schwarzen Meer.
Matthias stirbt unerwartet als 47jähriger in Wien. Sein Reich erben später die Habsburger.
1475 bis 1477 - Einnahmen der Marienkapelle Frauenberg weiter umstritten
Der von den Kirchenleuten übergangene Landvogt der Niederlausitz, Jaroslaw v. Sternberg, kann sich dem königlichen Befehl offiziell nicht wiedersetzen. Dennoch sind sich der Meißner Bischof und der Archidiakon über den Bestand ihrer auf Kosten des Frauenbergs erlangten Verteilungsordnung unsicher. Sie lassen sich den königlichen Befehl zusätzlich vom päpstlichen Legaten für Ungarn und Böhmen, Bischof Gabriel von Weißenburg (in Siebenbürgen), bestätigen. Dieser setzt zusätzlich Konservatoren ein, nämlich den Abt des Zisterzienserklosters Dobrilugk und den Propst des Kollegiatstiftes in Bautzen. Diese sollen die Umsetzung überwachen.
Der übergangene Landvogt der Niederlausitz wehrt sich inoffiziell auf seine Weise. Vermutlich setzt er die offiziellen Einnahmen des Frauenbergs niedrig an bzw. verweigert die festgelegte Weitergabe der Frauenberg´schen Einkünfte. Denn der Archidiakon klagt weiterhin darüber, dass v. Sternberg ihm seinen Anteil vorenthalte.
Ernst Kurfürst von Sachsen, Landgraf in Thüringen und Markgraf zu Meißen (1441-1486)
1455 wurde er zusammen mit seinem Bruder Albrecht durch Kunz von Kaufungen im sogenannten "Altenburger Prinzenraub" aus Altenburg entführt.
Ernst ist Stammvater der ernestinischen Linie des Hauses Wettin.
(Bildnis aus dem Dresdner Fürstenzug)
Er wird in den Streit um den Frauenberg hineingezogen, obwohl dieser nicht zu seinem Staatsgebiet gehört.
Der Archidiakon bewegt Kurfürst Ernst von Sachsen, der gleichzeitig das Patronat über Bischof und Domkapitel zu Meißen sowie über das Archidiakonat der Lausitz inne hat, zu einer energischen Intervention gegen den Landvogt der Niederlausitz hinsichtlich des Frauenberges. Der Kurfürst wendet sich in einem Schreiben vom 5. September 1477 an den Landvogt der Niederlausitz. Jaroslaw v. Sternberg lenkt ein. Er ist zu erneuten Verhandlungen mit dem meißnischen Offizial Caspar Marien (bevollmächtigter Vertreter des Bischofs von Meißen) sowie dem Archidiakon bereit, jedoch nicht ohne ein gewisses Entgegenkommen.
Insgesamt lässt sich Jaroslaw v. Sternberg mit einigen Zugeständnissen zugunsten der Wallfahrtskapelle Frauenberg abspeisen. So soll das gespendete Wachs nun sogar zur Hälfte dem Frauenberg verbleiben. Und jene Gaben, die von den Spendern ausdrücklich dem Frauenberg gelten, müssen nicht mehr gedrittelt werden.
Der neue Schlichtungsversuch mit der Urkunde vom 10. September 1477 bestätigt aber im Wesentlichen die 2. Verteilungsordnung von 1475.
In den Folgejahren scheint sich der Konflikt um die Verteilung der Einnahmen beruhigt zu haben. Denn weitere Streitigkeiten sind nicht überliefert. Auch müssen die Einnahmen der Marienkapelle Frauenberg dank ihrer besonderen Anziehungskraft enorm gewesen sein. Viel pilgerndes Volk sucht diese Marienkapelle um der Wunder der Gottesmutter willen auf. Und obwohl die Kirchenfunktionäre dem Frauenberg nur 1/3 im Opferstock lassen, wovon sich der ganze Betrieb noch zu tragen hat, wird in dieser Zeit weiterer Grundbesitz zugekauft.
ab 1494 - Frauenberg unter Förderung durch Heinrich v. Plauen
Der Archidiakon der Lausitz und das Bistum Meißen hätten am Frauenberg ohne Gegenleistung dauerhaft viel Geld einehmen können. Aber das personifizierte Verhängnis hat einen Namen: Heinrich von Plauen.
Wappen der Vögte und Herren von Plauen (aus Scheibler'sches Wappenbuch, älterer Teil Meißner, Seite 101, 1450 - 1580)
Ein Heinrich v. Plauen wird 1494 Landvogt der Niederlausitz.
Die Vertreter dieses berühmten Geschlechts, deren Männer aufgrund alter Familientradition ausnahmslos den Vornamen Heinrich tragen, stehen im Mittelalter für ritterlichen Mut und kompromisslosen Kampf, jedoch nicht für diplomatischen Kuhhandel.
Heinrich v. Plauen ist der wichtigste Gönner und Förderer des Klosters Frauenberg.
Im Jahre 1494 wird Heinrich III. Graf Reuß v. Plauen (geboren 1456, ab 1482 Burggraf von Meißen, gestorben 1519) der neue Landvogt der Niederlausitz. Er ist aus anderem Holz als sein Vorgänger v. Sternberg. Bereits sein Vater, Heinrich II. (ab 1446/47 Burggraf von Meißen, gest. 1484), war 1466 aus der Herrschaft Plauen und dem Vogtland vertrieben worden, nachdem er sich gleichzeitig mit dem sächsischen Kurfürsten und dem böhmischen König angelegt und mit ihnen in Fehde gelegen hatte.
Der berühmteste Heinrich v. Plauen (1370 - 1429) ging als "Retter des Deutschen Ordens" nach der Katastrophe von Tannenberg (15.07.1410) in die Geschichte ein. Er hatte mit einer kleinen Abteilung des Ordens den ursprünglichen Auftrag, während der Schlacht von Tannenberg die Grenze gegen die feindlichen Pommern zu sichern. Auf diesem Außenposten überbrachte ihm ein Bote des Friedrich v. Zollern (Ordensritter und Fahnenträger der Schlacht bei Tannenberg) die Hiobsbotschaft. Der Bote berichtete von der vernichtenden Niederlage des Ordens gegen das vereinigte polnisch-litauisch-russisch-tatarische Heer bei Tannenberg und vom Tod des Hochmeisters Ulrich v. Jungingen sowie fast aller Großgebietiger auf dem Schlachtfeld. Alles befand sich in Auflösung. Reihenweise flohen bzw. unterwarfen sich die Verantwortlichen. Die Lage des Ordensstaates war zu diesem Zeitpunkt hoffnungslos. Aber Heinrich v. Plauen marschierte mit seiner 3000 Mann starken Abteilung sofort auf eigenen Entschluss zur verwaisten Marienburg, dem Herz und Hirn des Deutschordensstaates.
Glücklicherweise hatten sich die siegreichen Polen, Litauer, Russen und Tataren auf dem Schlachtfeld von Tannenberg zu lange mit Plünderungen und Leichenfledderungen (über 100.000 Tote) aufgehalten. Erst nach 3 Tagen brachen sie zur Marienburg auf und trafen hier verspätet ein. Inzwischen hatte Heinrich v. Plauen die Marienburg besetzt, die Stadt- und Landbevölkerung mit aufgenommen und die Burg zur Verteidigung vorbereitet. Die Marienburg wurde fast 2 Monate belagert. Die Belagerer erlitten schwere Verluste an den verteidigten Mauern und durch Heinrich v. Plauen´s nächtlicher Ausfälle. So wurden aus Belagerern später selbst Belagerte. Die Litauer und Russen zogen als erste wieder ab. Zuletzt gaben die Polen am 19.09.1410 den Kampf auf, als die mit den Deutschordensrittern verbündeten Ungarn in Polen einfielen. Die Ordensritter konnten daraufhin ihr Land schnell wieder in Besitz nehmen. Heinrich v. Plauen wurde als Nachfolger von Ulrich v. Jungingen zum neuen Hochmeister des Deutschen Ordens gewählt.
Der jüngere Bruder dieses Hochmeisters, auch ein Heinrich v. Plauen (ca. 1372 - ca. 1441), war ebenfalls Deutschordensritter und Komtur von Danzig. Auch er hatte sich große Verdienste auf den Schlachtfeldern erworben. Dieser Heinrich war beim Konzil zu Konstanz (1415) unangenehm aufgefallen, da er in Anwesenheit von Kaiser und Papst das Todesurteil gegen den Reformator Jan Hus öffentlich als Unrecht bezeichnete. Denn der Kaiser hatte Jan Hus freies Geleit zugesichert.
Ein weiterer Heinrich Reuß von Plauen, wahrscheinlich ein Onkel Heinrich III., war 32. Hochmeister des Deutschen Ordens. Sein Verdienst als Heerführer bestand ebenfalls in der Verteidigung der Marienburg und der anschließenden Vernichtung der großpolnischen Armee unter König Kasimir IV.
1497 - Papst Alexander VI. genehmigt das Kloster Frauenberg
Der neue Landvogt der Niederlausitz, Heinrich III. Graf Reuß v. Plauen, nimmt sich die unbefriedigende Verteilungssituation zum Frauenberg aufs Korn. Er klärt sie auf seine Weise.
Heinrich v. Plauen kommt auf die Idee, mittels einer Klostergründung die Kirchenoberhäupter von den Einkünften des Frauenbergs vollständig und endgültig auszuschließen.
Diesmal geht der Landvogt ohne das Wissen der geistlichen Kontrahenten vor, als er beim König von Böhmen und beim Papst die Umwandlung der Frauenbergkapelle in ein Kloster beantragt.
Papst Alexander VI. (1431-1503)
Detail in einem Fresko von Pinturicchio in den Appartamenti Borgia im Vatikan (1492-1495)
Dieser berühmt-berüchtigte Papst genehmigt 1497 das Kloster Frauenberg.
Alexander VI. inspiriert
Niccolo Machiavelli (1469-1527) zu seinem noch heute aktuellen Buch "Der Fürst".
Mit Papst Alexander VI. ist die christliche Kirche auf ihrem damaligen Tiefpunkt und am Vorabend der Reformation angekommen. Alexander VI. (bürgerlich Rodrigo Borgia) liefert noch heute Stoff für Romane, Filme und Legenden.
Stendhal äußert später über ihn: "Rodrigo Borgia, die vollkommenste Verkörperung des Teufels auf Erden."
Rodrigo Borgia entstammt keiner der mächtigen alten Familien Italiens. Aber er ist Neffe von Papst Calixtus III. Von diesem wird er zunächst zum Kardinal erhoben und mit
reichen Einkünften ausgestattet. Diese nutzt er glänzend zur Selbstdarstellung und Hofhaltung. Im Jahre 1492, dem Jahr der Entdeckung Amerikas, wird Rodrigo Borgia durch Bestechung zum Papst gewählt.
Unter seinem 11jährigen Pontifikat als Alexander VI. macht er den Vatikan zum Ort von ausgelassenen
Festen, Intrigen und Giftmorden. Rodrigo Borgia ist ein kluger und skrupelloser Machtpolitiker.
Fast ununterbrochen führt dieser Papst Kriege, die sein nicht weniger skrupelloser
Sohn Cesare Borgia leitet. Alles im Namen der Kirche. Alexander VI. schließt Allianzen mit europäischen Fürsten, am längsten und erfolgreichsten mit König Ludwig XII. von
Frankreich. Aber auch diesen hat er noch kurz vor seinem Tode verraten.
Niccolo Machiavelli dient Papst Alexander VI. als ein anschauliches Beispiel, wie ein erfolgreicher Fürst zu sein hat:
"Kein Mensch hat je seine Versprechungen so nachdrücklich beteuert, so feierlich beschworen und so leicht gebrochen. Trotzdem gelangen ihm
alle seine Betrügereien nach Wunsch, weil er die Welt von dieser Seite vorzüglich kannte. Es ist also nicht nötig, dass ein Fürst alle aufgezählten Tugenden besitzt,
wohl aber, dass er sie zu besitzen scheint."
Insgesamt gelingt es Alexander VI. mit seiner fragwürdigen Politik, die päpstliche Machtstellung gegenüber den europäischen
Königshäusern zu sichern. Alexander VI. kann den Kirchenstaat im Kampf zwischen Frankreich und Spanien um Italien behaupten.
Besondere Bedeutung hat sein Schiedsspruch, der im Vertrag von Tordesillas 1494 die Teilung Lateinamerikas zwischen Spanien und Portugal festlegt. Diese wirkt sich noch heute sprachlich aus (Brasilien - portugiesisch, Rest - spanisch).
Alexander VI. hat 3 Mätressen und 5 Kinder. Als treusorgender Familienvater geht es ihm stets darum, seinen Kindern eine fürstliche Stellung zu
verschaffen. Insbesondere Lukrezia Borgia und Cesare Borgia spielen bald eine
zwielichtige politische Rolle. Lukrezia Borgia wird mehrmals mit italienischen Fürsten verheiratet. Sobald sich eine bessere Partie anbietet, wird sie wieder geschieden oder ihr
jeweiliger Ehemann durch Mord beiseite geschafft. Später heiratet Lukrezia den König Ludwig XII. von Frankreich.
1497 - Königliche Gründung des St. Jakob-Klosters Frauenberg
Kraft päpstlicher Bestätigung 1497 versucht Landvogt Heinrich v. Plauen zunächst, ein Dominikanerkloster auf dem Frauenberg zu errichten. Aber dieser Orden lehnt den Plan ab.
Daraufhin gelingt es Heinrich v. Plauen mit dem Wilhelmiterorden ins Geschäft zu kommen.
Wilhelmiterkloster Orlamünde
Von hier ziehen 1497 Wilhelmitermönche aus, um den Marien-Wallfahrtsort und die Herrschaft Frauenberg in Besitz zu nehmen und auf dem Frauenberg ein neues Wilhelmiterkloster (das einzige östlich der Elbe) zu gründen. Die Mönche bringen den Weinanbau von der Saale in die Niederlausitz.
Orlamünde
(alte Ansicht um 1900)
"Das Thüringische Bethlehem" befindet sich mit Burg und Wilhelmiterkloster auf dem Berg.
Unten im Tal mündet die Orla in die Saale.
Es ist die Heimat der "Weißen Frau von Orlamünde". Der Sage nach spukt sie seit dem Mittelalter bei den Hohenzollern und kündet den Tod eines Familienmitglieds an.
Heinrich v. Plauen beordert die Wilhelmitermönche aus dem Wilhelmiterkloster Orlamünde zunächst zu sich in seine böhmische Herrschaft Theusing (bei Karlsbad) in Böhmen. Von hier aus nimmt er sie mit nach Lübben.
Wladislaus II. König von Böhmen und Ungarn gründet das Wilhelmiterkloster Frauenberg unter dem Namen "Zum St. Jakob" (Schutzheiliger der Wallfahrer, Pilger, Krieger und Ritter). Das Kloster steht in der Rechtsnachfolge der Marienkapelle auf dem Frauenberg, übernimmt diese und deren Besitzungen. Die Klosterherrschaft Frauenberg gehört neben anderen Klöstern zum Prälatenstand der Niederlausitz. Es untersteht dem Landvogt der Niederlausitz (Statthalter des Königs) und dessen Vogtgerichtsbarkeit.
Wladislaus II. (1456-1516)
Darstellung auf einer Goldmünze von 1506
Wladislaus II. ist der Gründer des Klosters Frauenberg. Er wird 1471 König von Böhmen (zunächst parallel zu Matthias I. Corvinus) und nach dem Tod von Matthias I. Corvinus 1490
auch König von Ungarn.
Die Wilhelmiter stammen ursprünglich aus Frankreich und haben als Schutzpatron den Hl. Wilhelm Herzog von Aquitanien. Die Wilhelmitermönche betrachten sich als ganz besondere Diener der heiligen Jungfrau Maria. Sie tragen weiße Mönchskutten wie der Deutsche Orden, jedoch ohne schwarzes Kreuz. Sie werden deshalb in Frankreich auch als "blanc monteaux"
("Weißmäntel") bezeichnet.
Wilhelm von Aquitanien (754-812), rechts im Bild, mit Augustinus bei der Krönung der Maria (Giovanni Lanfranco, 1582-1647; Louvre Paris)
Wilhelm ist Cousin von Kaiser Karl dem Großen. Mit diesem zieht Wilhelm mehrmals nach Spanien gegen die muslimischen Mauren. So ist er ab 785 an wichtigen Eroberungen beteiligt. Der Kaiser ernennt seinen Feldherrn 790 zum Grafen von Toulouse und zum Herzog von Aquitanien. Er vertraut ihm seinen jüngsten Sohn, Ludwig den Frommen, an. Im Jahre 801 erobert Wilhelm Barcelona.
804 zieht sich Wilhelm in ein von ihm gegründetes Benediktinerkloster zurück und verrichtet dort demütig einfachste Arbeiten. 1066 wird er heilig gesprochen. Wilhelm von Aquitanien ist die Hauptfigur des "Wilhelm-Zyklus", der sein Leben als Feldherr und Mönch nachzeichnet. Wilhelm ist der Prototyp des Kriegermönchs und gilt als Schutzheiliger der Waffenschmiede.
In dem Chanson de Guillaume, einem der großen Epen der Altfranzösischen Epik, wird Wilhelm als der Held Guillaume d'Orange verherrlicht. Dieser Stoff wird ca. 1210/1220 von Wolfram von Eschenbach in seinem "Willehalm" ins Deutsche übertragen.
Das Wilhelmiterkloster auf dem Frauenberg ist das einzige dieses exklusiven Mönchsordens östlich der Elbe.
Höchstes Amt des Konvents vom Frauenberg ist der Prior (Klostervorsteher). Der erste Prior ist Nikolaus Zeiße (auch Ziesche genannt). Die Zahl der Mönche ist nicht überliefert. Von ihnen wird im Jahre 1531 lediglich der Konventsbruder Valentinus erwähnt.
9. Juni 1497 - Kloster Frauenberg´s Widersacher unterliegen
Der Bischof von Meißen und der Archidiakon der Lausitz laufen Sturm gegen die Klostergründung auf dem Frauenberg. Aber weltlicher Herrscher am Frauenberg ist der König von Böhmen und nicht der Kurfürst von Sachsen, bei dem sich beide Kirchenoberen auch künftig immer wieder über dieses Kloster beschweren werden.
Georg der Bärtige, Herzog von Sachsen
(1471 - 1539);
(Lucas Cranach der Ältere, Öl auf Holz)
Er soll wegen des Klosters Frauenberg zwischen dem Bischof von Meißen und dem König von Böhmen, seinem Schwager, vermitteln - eine undankbare Aufgabe.
Der Landvogt Heinrich III. Graf Reuß v. Plauen behält die gesamten Einkünfte der Wallfahrtskapelle Frauenberg für den Klosterbau und die Versorgung der Wilhelmitermönche. Bischof und Archidiakon sind nicht bereit, diese Klostergründung anzuerkennen und dafür auf ihren jeweiligen Zwei-Drittel-Anteil zu verzichten.
Albrechtsburg in Meißen
Hier residiert der Bischof von Meißen als Feind des Klosters Frauenberg neben dessen wichtigstem Förderer Heinrich v. Plauen, dem Burggrafen von Meißen.
Wladislaus II. König von Ungarn und Böhmen teilt in einem geharnischten Kanzleischreiben vom 09. Juni 1497 dem Herzog Georg von Sachsen mit, dass der Einspruch des Bischofs Johann v. Saalhausen und des Domkapitels von Meißen gegen die Klostergründung seines Landvogts auf dem Frauenberg bei Lübben nicht anerkannt wird. "Wir wollen gern sehen, wer unß wolle weren, das wir uff unsern grunde und boden nit solten... auß kirchen, pfarren oder capellen kloster und stift machen."
Alte Abmachungen über den Status der Marien-Kapelle Frauenberg hätten keinen Ewigkeitswert gegenüber Wladislaus´ Willen.
31. Oktober 1498 - Bezug des neuen Klosters Frauenberg
Am 31.10.1498 ergeht aus Ofen (heute Buda, Hauptstadt von Ungarn) der Befehl des Königs an den Prior Nikolaus Zeiße, mit seinen Brüdern des St. Wilhelmsordens "in der Kapelle zu Lübben auf Unser Lieben Frauen Berg Wohnung zu nehmen und sie zu besitzen, so dass niemand ihnen zuwider sei".
Bauarbeiten unter der Aufsicht eines Geistlichen (Darstellung aus dem 15. Jahrhundert)
Der König empfiehlt allen Geistlichen und den Niederlausitzer Ständen, die Wilhelmitermönche auf dem Frauenberg zu unterstützen. Dem Landvogt befiehlt er, die Mönche zu beschützen.
Aber Bischof und Domkapitel zu Meißen rücken nicht von ihrer Meinung ab, dass die Wilhelmiter rechtswidrig und unter Vorenthaltung der dem Bistum Meißen und dem Archidiakon zustehenden Einnahmen in den Besitz der Marienkapelle Frauenberg gelangt seien. Den Wilhelmitermönchen wird außerdem zum Vorwurf gemacht, sich auch der Gerichtsbarkeit des Bischofs entzogen zu haben. Der Bischof wird in der Folgezeit immer wieder die Auflösung bzw. Verlegung des Klosters Frauenberg fordern.
1508 - Kloster Frauenberg verliert seinen wichtigsten Gönner
Der Landvogt der Niederlausitz, Heinrich v. Plauen, kauft 1504 die Herrschaft und Burg Spremberg. Die Burg Spremberg überlässt er dem Raubritter Wenzel Lubenius v. Laudenschein und dessen Kumpane. Dieser übt von hier aus sein "Gewerbe" bis in die Mark Brandenburg und in die Oberlausitz (Zittauer Gegend) aus.
Um endlich wieder geordnete Zustände herbeizuführen, schließen die Niederlausitzer Stände mit dem Markgrafen Joachim von Brandenburg und dem König Wladislaus von Böhmen im Jahre 1506 einen Waffenvertrag mit dem Ziel, die Raubritter von Spremberg zu vernichten. Eine gemeinsame Streitmacht unter Georg v. Schellenberg belagert daraufhin Stadt und Burg Spremberg, die nach wenigen Tagen eingenommen werden.
Heinrich v. Plauen verlangt das Wiedereinsetzen in seinen Besitz über Spremberg.
Dies wird ihm von König Wladislaus II. nicht gewährt, da der Landvogt das Raubrittertum im Grunde unterstützt und den Landfrieden nicht ausreichend geschützt hat.
Im heftigen Streit mit seinem König fällt Heinrich v. Plauen in Ungnade und verliert alle seine Ämter.
Heinrich III. Graf Reuß von Plauen stirbt im Jahre 1519 auf seiner Burg Hartenstein bei Karlsbad. Erst sein Sohn Heinrich IV. erhält 1547 das Vogtland, das bereits sein Großvater Heinrich II. 1466 verloren hatte, zurück.
1515 - 1516 - Frauenberg im Dauerkonflikt mit Bistum Meißen
Das Domkapitel zu Meißen beklagt sich beim Herzog Georg von Sachsen über die Wilhelmitermönche auf dem Frauenberg. Diese sollen unberechtigterweise auch die Seelsorge für die Laienwelt in der umliegenden Landschaft wahrnehmen. Sie sollen bettelnd durch Stadt und Dörfer ziehen, die Beichte abnehmen, Taufen vornehmen, das Sakrament reichen und Messen abhalten. Alles zum Nachteil der hiesigen Pfarrer. Sie sollen sogar Messen für gebannte Personen gehalten haben. Sie hätten also selber schwer gesündigt.
Ihr Prior Zeiße würde Briefe fälschen und sogar das königliche Siegel selbst benutzen. So soll Nikolaus Zeiße einen Brief an die päpstliche Heiligkeit mit Unterschrift und Siegel des Königs von Böhmen und Ungarn gesandt haben. Das wächserne Siegel habe er von königlichen Briefen abgelöst und übertragen. Einen seiner Brüder habe er genötigt, die königliche Unterschrift zu fälschen. Da diese Urkundenfälschung in der ganzen Niederlausitz ruchbar geworden wäre, habe man Zeiße eine zeitlang im Turme zu Luckau gefangen gehalten. Aufgrund etlicher Fürbitte sei er dann aber wieder freigelassen worden.
Außerdem beklagt sich der Bischof zu Meißen beim sächsischen Kurfürsten über den neuen Niederlausitzer Landvogt Heinrich Tunkel v. Bernitzko. Dieser würde ungerecht und sogar gewalttätig gegen den Archidiakon in Lübben vorgehen. Der sächsische Kurfürst soll mal wieder wegen der leidigen Frauenberger Geschichte beim König von Böhmen vermitteln.
Die Angriffe aus Meißen werden auch in der Folgezeit ohne Folgen bleiben, denn das Kloster Frauenberg erfreut sich weiterhin des besonderen Schutzes durch seine weltlichen Machthaber.
6. September 1520 - Frauenberg weiter im Konflikt mit Bistum Meißen
Bischof Johann VII. von Meißen schlägt dem Herzog von Sachsen die Unterbringung der "übel lebenden" Wilhelmitermönche vom Frauenberg wegen deren "unzuchtig, unfuges leben" in ein strengeres Kloster und ihre Ersetzung durch "bessere Geistliche" vor.
1526 - Habsburg als neuer Landesherr
Nach der vernichtenden Niederlage der Ungarn in der Schlacht von Mohacs im August 1526 werden 80.000 Gefangene von den türkischen Eroberern umgebracht. Süleiman der Prächtige läßt sein Zelt mit 2.000 abgeschlagene Christenköpfen dekorieren. Auch der junge König von Böhmen und Ungarn, Ludwig II. (Sohn von Wladislaus II.), fällt in der Schlacht von Mohacs.
Ungarn, Böhmen und Schlesien kommen als Erbe an Ferdinand I. von Österreich, den Schwiegersohn von Wladislaus II. und Schwager von Ludwig II.
(Diesen Erbgang wird über 200 Jahre später der preußische König Friedrich II. hinsichtlich Schlesiens anfechten. Denn die Hohenzollern hatten bezüglich Schlesiens Verträge mit den Jagiellonen. Friedrich interessierte dabei nicht, dass bereits sein Urgroßvater, der Große Kurfürst, in einem Bündnisvertrag mit den Habsburgern - mehr oder weniger gezwungen - definitiv auf schlesische Erbansprüche verzichtet hatte. Außerdem hatten die Habsburger seinem Vater die legitimen Erbansprüche an den Herzuogtümern Jülich, Kleve und Berg verweigert. Friedrich II. begründet 1740 seinen Überfall auf Schlesien mit der seines Erachtens offenen Rechnung der Hohenzollern mit den Habsburgern.)
Silbermünze der Königreiche Ungarn, Böhmen und Dalmatien von 1528
In der Mitte befindet sich jetzt das Bindenwappen der Habsburger (Rot-Weiß-Rot). Der erste Habsburger bekam dieses Wappen in den Kreuzzügen im Heiligen Land verliehen. Sein weißer Umhang hatte sich vom Blut der Feinde vollkommen rot gefärbt. Nur in der Mitte, unter seinem Gürtel, befand sich noch ein weißer Streifen.
Umschrift: "FERDINAND D G R(ex) UNG(arie)"
Die Türken belagern 1529 das erste Mal Wien. Sie erobern 1541 die ungarische Hauptstadt Ofen (Buda). Der Großteil Ungarns wird osmanisch.
Sultan Süleiman II. "der Prächtige" (1494 - 1566)
vor einer Moschee
(französischer Original-Stahlstich von 1840)
Bereits sein Vater Selim I. hatte in nur 8 Jahren Regierungszeit die Größe des Osmanischen Reiches verdreifacht.
Zunächst waren Byzanz mit Konstantinopel und der Balkan den Türken zum Opfer gefallen. Nichts schien den aggressiven Sultansstaat aufhalten zu können, nachdem der energische König Matthias Corvinus gestorben war.
Süleiman "der Prächtige" setzt den Expansionskurs seines Vaters fort.
1537 - Pestepidemie wütet im Kloster Frauenberg
König Ferdinand I. befiehlt seinem Landvogt Albrecht Graf Schlick zu Passau, das Einkommen der Wilhelmitermönche auf dem Frauenberg festzustellen, nachdem der Großteil der Mönche infolge einer Pestepidemie gestorben war.
Ferdinand I. v. Habsburg (1503-1564)
Erzherzog von Österreich, König von Ungarn und Böhmen
(Kupferstich von Bartel Beham aus dem Jahre 1531)
Ferdinand I. ist ein Bruder Kaiser Karls V. und erhält 1521 mit 18 Jahren zunächst die österreichischen Erblande.
Als Schwiegersohn von Wladislaus II. und Schwager Ludwigs II. erbt er 1526 im Alter von 23 Jahren die Königreiche Böhmen und Ungarn. Von seinem Bruder Karl V. erbt er die deutsche Kaiserwürde
und ist von 1556-1564 Deutscher Kaiser.
Ferdinand I. hat mehrfach mit dem Frauenberg zu tun. So auch im jahrzehntelangen Rechtsstreit des Klosters Frauenberg mit den Rittern v. Köckritz um die Dörfer Terpt und Siegadel.
1542 - Vertreibung der Mönche, Auflösung des Klosters Frauenberg
Die katholische Unser-Lieben-Frauen-Bruderschaft auf dem Frauenberg gerät nach der Reformation immer mehr unter den Druck der neuen Machtverhältnisse.
Die Auflösung der katholischen Ordenssitzes Frauenberg ist nach der offiziellen Einführung der Reformation in der Lausitz nur noch eine Frage der Zeit. Das Verhältnis zur aufsässigen
Bevölkerung, insbesondere zu den tributpflichtigen Dörfern, wird immer feindseliger.
Die letzten Mönche
entscheiden sich angesichts der hoffnungslosen Lage zur heimlichen Flucht. Sie nehmen alle beweglichen Schätze mit. Im Gepäck ist auch der berühmte Kelch des Kurfürsten Albrecht Achilles von Brandenburg. Die Mönche verschwinden für ihre Zeitgenossen und die Geschichtsschreibung spurlos. Ihr Verbleib ist für immer unbekannt geblieben.
Die heimliche Flucht der Mönche ist noch heute Gegenstand einer Sage: Angeblich hatten die weißen Mönche vom Frauenberg die Tochter des Steinkirchener Dorfschulzen für besondere Lustbarkeiten in ihr Kloster entführt.
Die Dorfbewohner hätten daraufhin das Kloster berannt und mit brennenden Pechkränzen in Brand gesetzt. Nach Aufbrechen des Klostertores fanden sie jedoch das Kloster verlassen.
Die Mönche waren durch einen unterirdischen Geheimgang, der bis in die "Amtswaldungen" nahe der Hartmannsdorfer Heide führte, geflohen. Der unterirdische Gang hätte
in dem heute noch bestehenden Klosterkeller seinen Ausgang gehabt. In der 1911 und 1914 von Rudolf Ewald veröffentlichten Geschichte des Frauenberges ist der Klosterkeller ebenfalls beschrieben: Die sehr starken Mauern des umfangreichen Tonnengewölbes bestehen aus Ziegelsteinen im Klosterformat. An einer Stelle des Fußbodens gibt es eine zugemauerte Türöffnung, die in den
Berg führt.
1542 - Die verwaiste Herrschaft Frauenberg wird von der Landesherrschaft eingezogen
Das verlassene Kloster und königliche Lehen Frauenberg wird vom amtierenden Landvogt Albrecht Graf Schlick zu Passau für die Landesherrschaft eingezogen. Die Ansprüche der Stadt Lübben werden von ihm abgewiesen.
Der Landvogt gesteht der Stadt Lübben lediglich die Steine des Klosters und der Marien-Wallfahrtskapelle Frauenberg als Baumaterial zu. Damit wird die abgebrannte Lübbener Hauptkirche wieder aufgebaut.
Was sonst noch an Holz oder Steinen zu gebrauchen ist, wird von Bauern der umliegenden Dörfer heimlich entwendet.
Gelder, die eigentlich der Unser-Lieben-Frauen-Bruderschaft vom Frauenberg gehören, verwendet die Stadt Lübben 1545 zur Ausbesserung der Steinwege in der Altstadt, der
Luckauer Vorstadt und vor dem Stadtkeller.
Die Stadtkirche St. Nikolai, am Marktplatz von Lübben gelegen, wird nach ihrer Zerstörung 1545 zum großen Teil mit den Ziegelsteinen des verlassenen Klosters Frauenberg
wieder aufgebaut. Nur der Klosterkeller und die unterirdischen Gänge bleiben im Frauenberg erhalten.
Die Lübbener Stadtkirche ist spätere Wirkungsstätte von Paul Gerhardt (1607-1676), dem neben Luther bekanntesten Kirchenlieddichter. Sein Standbild steht vor der Kirche.
Wie auch andere Orte der Marienverehrung und Wallfahrtsorte verliert der Frauenberg mit der Reformation seine religiöse Bedeutung.
Eine detaillierte Wallfahrtsorts- und Klostergeschichte ist in den Büchern zum Frauenberg (siehe
Buchankündigungen
)
zu finden.
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